„Ich gönne wirklich jedem den Naturgenuss“
Jagdpächter und Landschaftsgestalter Alfred E. Haas fordert mehr sorgsamen Umgang mit dem Lebensraum Wald
SCHÖNAICH. (sel) Es sind drei Hunde ,nicht angeleint, die eine im Wald installierte Kamera Ende April am späten Nachmittag im Bild festgehalten hat. Wenige Stunden später, am frühen Morgen des Folgetags, zieht an gleicher Stelle ein trächtiges Reh vorbei, wie dieselbe Kamera dokumentiert. Der Schönaicher Jagdpächter Alfred E. Haas wendet sich nicht zum ersten Mal an die Presse mit seinem Appell: „Wir müssen den Wald als Ruhezone mehr achten. Nicht nur der Tiere wegen! Auch um die Vegetation muss sich mehr gekümmert werden.
Immer wieder seien es Hunde, sogar Kampfhunde, mitunter ohne Hundemarken, die frei herumlaufen und auch wildern. „Die Leute schreien heutzutage nach Umwelt- und Naturschutz, betrachten den Wald aber als Spielplatz für alle“, beklagt der passionierte Jäger und Waldliebhaber. „Seit dem ersten Mai sind Setz- und Brutzeiten. Hasen, Rebhühner, Rehe, Wildschweine, Füchse und Co. ziehen jetzt ihren Nachwuchs auf. Ich halte es für falsch, wie wir heute mit dem Wald umgehen. Er ist nicht Spielplatz für nächtliche oder frühmorgendliche
Jogger mit hell leuchtenden Stirnlampen, für Querfeldein-Radler, für Geo-Cacher und lärmende Gruppen.
Wir Jäger bitten die Waldbesucher, auf den Wegen zu bleiben und die Nachtruhe zu respektieren.“ Wälder sollten besser geschützt werden, ähnlich wie Naturparks, meint der 54-Jährige, der seit
über drei Jahrzehnten Jäger ist. Um die
Menschen darauf aufmerksam zu machen, haben die Jäger bereits zielführende Hinweistafeln an verschiedenen Stellen installiert: „Leider werden diese nur allzu oft ignoriert!“
Diesbezüglich sehe er auch die Verwaltung viel stärker in der Pflicht: „Mehr Maßnahmen für den Natur- und Landschaftsschutz in die Wege zu leiten.“
Gerade die Gemeinde Schönaich mit ihrem starken Wachstum, der Lage im Ballungsraum und Flughafenbereich, mit viel Straßenverkehr, dem Heizkraftwerk und den zunehmenden „Monokulturen“ müsse wachsam die Emissionswerte im Blick haben, so der Jäger, Forst- und Gartenbaufachmann, der mit seinem Team vielerlei Waldarbeiten und
Aufforstungen bewältigt und daher die örtliche Situation kennt. „Unser Wald steht nicht nur wegen der Trockenheit unter Stress. Meiner Ansicht nach wird zu viel gesundes Holz entfernt und
kranke Bäume bleiben zu lange stehen. Oder bereits abgeholzte Stämme liegen teils jahrelang im Wald und der Borkenkäfer wandert munter weiter.“ In seiner Eigenschaft als Jäger und Gemeinderat werde er immer öfter von besorgten Waldbesuchern angesprochen. „Die Leute machen sich Sorgen um die Schäden.
Viele, viele Baumrinden beginnen sich zu lösen. Es gibt kranke Baumkronen zuhauf. Das sind Hinweise auf eine immense Ausbreitung des Borkenkäfers und des Waldsterbens. Aber es gibt auch
völlig verwilderte Stellen, nicht aufgeräumte Holzreste. Diese wären aber noch prima als Brennholz zu verwerten“, fährt Alfred E. Haas fort. „Warum man kaputtes Holz nicht herausnimmt,
werde ich auch oft gefragt. Immer wieder stoße ich auf Unverständnis.“ Unverständnis, das so manch ein Waldbesucher eigenhändig dokumentiert, etwa durch ein foliertes Schild mit der
Aufschrift: „Sieht so nachhaltige Forstwirtschaft aus??“ Angebracht hat es der wachsame Waldbesucher an einem Stapel neuer, zum Teil gerade gewachsener, neu gefällter Stämme, neben dem ein zweiter Stapel mit Baumstämmen ganz offensichtlich seit Jahren vor sich hin modert, wie Haas bei seinem Rundgang zeigt.
Nächstes Thema: Verschmutzung. „Wir Jäger haben uns an der letzten Waldputzete im April beteiligt. Eine frustige Angelegenheit. Dabei haben alle Mitmacher gemeinsam gigantisch viel Müll
herausgeholt. Es war alles dabei. Jede Menge Kleinmüll, aber auch Autoreifen, Kleidung, Kanister und sogar Fernseher entsorgen die Leute im Wald“, schüttelt er den Kopf. Das nächste Nahziel ist für den engagierten Forstliebhaber und Gemeinderat klar. Die Arbeit des letzteren habe er so richtig kennen und schätzen gelernt, seit er vor 15 Monaten ins Gremium
nachgerückt ist und auch im Ausschuss Umwelt und Technik mitwirkt. Alfred E. Haas, der als Gartenbauer heute Blumenwiese und Bienenhotels den Vorzug gibt, will mehr Bewusstsein
in die Köpfe der Menschen bringen. „Jeder sollte sich an die eigene Nase fassen, wie er dem Lebensraum Wald begegnet, wie er ihn respektiert und sorgsam als Erholungsbereich nutzt. Ich würde ich mir wünschen, dass die Menschen mit offenen Augen und Ohren, mit Muße und Rücksicht den Wald genießen, denn dort herrscht Leben, das mit Respekt behandelt werden möchte.“